Mittwoch, 10. August 2011

Wohin mit dem Geld?

An den Börsen geht es derzeit wild zu. Kleinanleger sollten wissen, was sie wollen, schreibt die Website der deutschen Zeitschrift «Zeit». Die Analyse ergänzt den AVB-Tipp 6 von Vorsorgemedia.

Es fing am Morgen verhalten an, aber dann geriet doch alles ins Rutschen. Selbst so renommierte Unternehmen wie BMW, Daimler, MAN, RWE oder VW traf es hart. Der Deutsche Aktienindex rutschte um mehr als fünf Prozent unter 6.000 Punkte. Am Dienstag verlor er zeitweise weitere sieben Prozent, holte dann aber wieder auf. In den USA, in Südamerika, in Asien oszillierten die Kurse ähnlich heftig. Die Märkte sind nervös. Vorsichtig ausgedrückt.

Privatanleger fragen sich da: Sollen sie alles verkaufen und Verluste begrenzen? Oder gerade jetzt einsteigen? Einfache Antworten gibt es nicht. Wer Aktien hält, reagiert anders als jemand, der bisher Bares besaß und dieses nun anlegen will. Wer gerne kurzfristig auf einzelne Papiere spekuliert oder bald eine große Summe Geld braucht, denkt über die Tumulte anders als einer, der an langfristige Trends glaubt und auf seine Altersvorsorge erst in 30 Jahren zurückgreifen muss.

Zunächst sollte sich jeder fragen: Will ich aus den Tumulten Profit schlagen, will ich mein Vermögen nur erhalten – oder will ich allein auf Sicherheit achten? Wichtig ist auch der Zeithorizont. Wer sich den Dax ansieht, erkennt, dass dieser, als er Ende 2008 auf dem Stand von heute war, binnen Monaten noch tiefer fiel – Gefahr! Er sieht aber auch, dass der Dax sich dann binnen zwei Jahren wieder dem Höchststand vor der Krise näherte – Chancen! Es kommt auf die Perspektive an.

Entsprechend sollte sich jeder überlegen, welche Szenarien er mittelfristig für wahrscheinlicher hält: Glaubt er an ein anhaltendes Wirtschaftswachstum in Deutschland – oder fürchtet er zum Beispiel ein Zerbrechen der Euro-Zone, was massive Probleme für die hiesigen Unternehmen nach sich zöge? Glaubt er der Europäischen Zentralbank, die ein dauerhaftes Ansteigen der Inflationsrate über den Zielwert von zwei Prozent glaubt verhindern zu können – oder hält er für realistischer, was Thomas Mayer, der Chefvolkswirt der Deutschen Bank erwartet, nämlich dass Europa seine Schuldenlast mithilfe eines Anstiegs der Preissteigerungsrate, »sagen wir so auf fünf Prozent«, abtragen werde? Teilt er die Ansicht der Commerzbank, Amerika lege eine »Wachstumpause« ein – oder glaubt er, dass die USA erneut in eine Rezession rutschen?

Immer gilt es, das Vermögen über mehrere Anlageklassen zu streuen.
Wie ein Anleger es verteilt, sollte er eher von seiner generellen Risikoneigung abhängig machen als von tagesaktuellen Entwicklungen. Mehr Risiko kann mehr Rendite, aber immer auch mehr Verluste bedeuten. Klassische Anlagen lassen sich dabei in aller Regel viel leichter verkaufen als exotische Produkte, für die es oft nur einen kleinen Markt gibt.

Wer es sicher mag, dem ist derzeit mit Spareinlagen geholfen, mit Giro-, Tages- oder Festgeldkonten – am besten bei Instituten, die der deutschen Einlagensicherung unterliegen. Zwar ist es möglich, dass die aktuellen Zinsen von, je nach Kategorie, 2 oder 3 Prozent von der Inflation aufgefressen werden. Diese lag zuletzt bei 2,4 Prozent. Doch Vermögen zu erhalten ist schon mal etwas. Sinngemäss gilt das auch für die Schweiz, die zwar eine tiefere Inflation kennt, aber auch tiefere Sparzinsen, die derzeit um den Wert von rund 1 Prozent oszilieren.

Wer Aktien oder Aktienfonds besitzt, muss überlegen, ob er mit Einbrüchen beim Wirtschaftswachstum und bei den Umsätzen und Gewinnen der Unternehmen rechnet. Wer auch mittelfristig Gefahren sieht, sollte über einen Verkauf nachdenken. Wer eher an eine vorübergehende Delle glaubt und die milliardenstarken Rücklagen vieler Konzerne bedenkt, mag gelassen bleiben. Prinzipiell zählen Aktien zu den Sachwerten, sie sichern dem Anleger Anteile an realen Unternehmen mit Maschinen, Produkten, Patenten und Immobilien. Konzerne wie die Allianz, BASF oder Siemens gibt es seit mehr als 100 Jahren, sie haben Kriege und Krisen überstanden. Aktien und auch Anleihen solch stabiler Unternehmen bieten eine gewisse Sicherheit, gerade langfristig.

Gold näherte sich am Wochenanfang der Rekordmarke von 1.800 Dollar je Feinunze.
Wer bereits Krügerrand oder Barren gekauft hat, kann sich freuen, jeder andere muss überlegen, ob er noch zuschlagen will. Gold ist rar, weltweit handelbar, wirft aber weder Zinsen noch Dividenden ab, sein Preis lebt von der Nachfrage. Beruhigt sich die politische Lage, könnten »sinkende Kurse verzeichnet werden«, warnt zum Beispiel die NordLB. Allerdings hielten bereits im vergangenen Jahr viele das Ende des Höhenflugs für gekommen – und irrten. Zahlreiche Experten glauben heute an einen weiteren Anstieg. Unabhängig davon scheint es ratsam, nur einen Teil seines Geldes in Gold zu stecken.

Und »Betongold«? Ein Haus, eine Wohnung, das sei etwas Reales, Sicheres, denken Anleger gerne. Viele übersehen da leicht eherne Regeln, deren wichtigste lautet: Lage! Lage! Lage! Ein Werterhalt ist keineswegs garantiert. Ein Haus ist nicht 400.000 Euro wert, nur weil man einmal 400.000 Euro dafür bezahlt hat. Der Wert einer Immobilie richtet sich nach der Qualität, den Investitionen in den Erhalt – und der Nachfrage. Wer sich in eine Gegend einkauft, aus der Firmen und Menschen wegziehen, wird sein Geld bei einem Verkauf kaum wiedersehen. In begehrten Stadtvierteln Hamburgs oder beliebten Regionen wie dem Großraum München steigen die Preise, sind Wertsteigerungen möglich, aber wie repräsentativ sind sie für den deutschen Immobilienmarkt?

Bleiben Anlagen, die für den Kleinanleger eher exotisch sind: Währungen wie der Schweizer Franken oder der japanische Yen, Aktien oder Anleihen aus Schwellenländern, Rohstoffe. Hier sind die Signale gemischt: Der Franken legt kräftig zu, das Wachstum in Schwellenländern könnte hingegen wie in China nachlassen, entsprechend auch die Nachfrage nach Rohstoffen.

Zudem sind derlei Anlagen besonders anfällig für irrationale Entwicklungen, die weniger mit Fundamentaldaten als mit den Eigenheiten moderner Märkte zu tun haben. Da sind technische Gründe für Verkäufe, etwa das Durchbrechen von Preismarken. Da ist die große Bedeutung, die Computern heute im Handel zukommt. Und da sind Herdentrieb oder der Zwang, sich Cash besorgen zu müssen, um besorgte Anleger auszuzahlen. In diesem schlimmsten aller Fälle verkaufen institutionelle Investoren ohne Rücksicht auf die Folgen. So war es Ende 2008. Erreichen die Märkte dieses Stadium, bleibt dem Kleinanleger wohl nur eines – Ruhe bewahren.

Quelle: Zeit Online

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