Montag, 1. November 2010

AVB-Tipp 4: Vorsorgen mit ETF

Die Altersvorsorge ist für viele ein Buch mit sieben Siegeln. Die Produkte sind ebenso vielfältig wie kompliziert.Doch es gibt auch einfache und flexible Bausteine für Vorsorgesparer: börsengehandelte Indexfonds. ETF-Sparpläne können als kostengünstige Bausteine für die Altersvorsorge genutzt werden. Was nachstehend für deutsche Verhältnisse geschrieben ist, gilt sinngemäss auch für die Schweiz - wobei Sparpläne auf ETF-Basis noch kaum zu finden sind - womit sich allenfalls eine Anlage in Deutschland und damit in Euro lohnen könnte.

Das Institut für Vermögensaufbau (IVA) hat untersucht, was ETF-Sparpläne im Vergleich zur Riester- oder Rürup-Rente bringen. "Staatlich geförderte Private Altersvorsorge: Alternativlos oder überflüssig?" haben die Experten ihr Werk überschrieben. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass Exchange Traded Funds (ETFs) eine "neue und interessante Lösung" seien. Neben den klassischen Altersvorsorgeprodukten können Anleger mit den börsengehandelten Indexfonds zusätzlich privat vorsorgen oder sogar ihre Altersvorsorge komplett selbst aufbauen.

"Das Potenzial von ETFs, also den börsengehandelten Exchange Traded Funds oder kurz Indexfonds, für die private Altersvorsorge ist noch weitgehend ungenutzt. Indexfonds haben das Zeug dazu, aktive Fonds bei der Altersvorsorge abzulösen", sagt Thomas Meyer zu Drewer, der das ETF-Geschäft von Lyxor Asset Management in Deutschland und Österreich leitet und in dessen Auftrag die Studie entstand. Vor allem für Anleger, die über einen Riester-Vertrag hinaus vorsorgen wollen, um ihre Rentenlücke im Alter weiter zu schließen, seien ETFs eine optimale Möglichkeit.

Die Deutschen vernachlässigen ihre Altersvorsorge. Schlimmer noch: Sie fliehen geradezu aus den entsprechenden Produkten. Das zeigt eine aktuelle Studie zur Altersvorsorge. Das Institut für Demoskopie Allensbach hat im Auftrag der Postbank untersucht, wie sich die Finanzkrise auf das private Sparverhalten auswirkt. Befragt wurden 1807 Berufsstätige in Deutschland. Das Ergebnis übertraf selbst die schlimmsten Befürchtungen. Ein Fünftel aller Berufstätigen hat seine Rentenpläne gekürzt oder sogar ganz gekündigt. Selbst diejenigen, die im Vorjahr noch angegeben hatten, sie wollten ihre private Altersvorsorge ausbauen, haben sich millionenfach anders entscheiden. Zum Rotstift griffen die Deutschen der Studie zufolge vor allem bei privaten Renten- und Lebensversicherungen, Riester-Renten und Sparplänen mit Aktien und Fonds.

Ursache dafür, dass die Menschen weniger sparen, ist die inzwischen bis zur Hysterie gesteigerte Ablehnung gegenüber den Finanzmärkten und ihren Akteuren. Die Finanzkrise und der Börsencrash haben tiefe Spuren hinterlassen. Das Vertrauen in die Aktie ist auf einem Tiefpunkt angelangt: Gut zwei Drittel der von Allensbach Befragten gaben an, dass die Wirtschaft- und Finanzkrise ihre Einstellung zur privaten Altersvorsorge verändert habe. "Es ist sehr besorgniserregend, dass die Risikoaversion bei der Altersvorsorge so hoch ist", sagt Andreas Beck, Geschäftsführer des Instituts für Vermögensaufbau. "Die Anleger rücken von der Aktie ab, doch damit mindern sie ihre Rendite." Vor allem auf Sicht von 30 Jahren sei es durchaus sinnvoll, einen Teil der Vorsorge mit Aktien abzudecken, schon allein wegen der zu erwartenden Inflation. "Aktien sind Unternehmensbeteiligungen und zählen damit in der Geldanlage zu Sachwerten", erklärt Beck. "Sie bieten einen gewissen Schutz vor Inflation." Bei festverzinslichen Anlagen werde auf derzeitigem Zinsniveau die Rendite mehr oder weniger von der Inflation aufgezehrt.

Doch nicht immer sind Aktien oder ETFs, die Aktienindizes abbilden, die erste Wahl: "Es hängt von der individuellen Situation des Sparers ab, welches Vorsorgeprodukt sich empfiehlt", sagt der IVA-Experte. "Wer eine hohe Förderquote erzielt, sollte auf die staatlich geförderte Altersvorsorge nicht verzichten." Wer jedoch viel verdiene und nur eine geringe Riester-Förderquote bekomme, fahre mit ETF-Sparplänen besser. Von Riester-Fondslösungen raten viele Experten hingegen ab. Sie seien tendenziell zu teuer, heißt es. "Die Kosten für den fondsgebundenen Riester liegen bei bis zu zehn Prozent, teilweise sogar darüber", sagt Andreas Beck. "Das drückt empfindlich auf die Rendite."

Wer das Risiko scheut und auf festverzinsliche Wertpapiere setzen wolle,
sollte den Riester-Banksparplan wählen. "Diese Lösung schlägt einen Anleihe-ETF und auch die Riester-Versicherung ganz klar", sagt Beck und rechnet vor: "Wer insgesamt 2100 Euro inklusive staatlicher Förderung von 154 Euro spart, hat allein schon durch das Geschenk vom Staat eine Rendite von gut acht Prozent erzielt. Hinzu kommt die Verzinsung." Das schaffen ETFs auf Staatsanleihen im aktuellen Zinsumfeld nicht. Keine klare Absage an die Riester-Rente also: "Gerade bei Menschen mit geringem Einkommen und Kindern schneiden Riester-Produkte sehr gut ab", sagt der Experte für Vermögensaufbau. "Sie kommen schnell auf eine Förderquote von mehr als 50 Prozent. Für sie empfiehlt sich ein Banksparplan - ein einfaches Produkt mit geringen Kosten." Zur Zielgruppe dieser Förderung über Zulagen und Steuervorteile zählen auch Jüngere.

Oftmals sind Produkte für Vermögensaufbau und Altersvorsorge an lange Vertragslaufzeiten gebunden und werfen nur mickrige Renditen ab. Wer seinen Vertrag vorzeitig kündigt, verliert die staatlichen Zulagen. Ein Produkt- oder Anbieterwechsel ist zwar möglich, aber mit hohen Wechselkosten verbunden. Die Produkte sind kompliziert und häufig weisen die Anbieter ihre Gebühren nur wenig transparent aus. Doch es geht viel einfacher: Mit Sparplänen auf diverse Fonds, ETFs oder auch mit Banksparplänen lassen sich je nach eigener Risikoneigung und eigenem Sparzeitraum anständige Summen anhäufen - als zusätzliche Altersvorsorge oder auch als Kapitalstock beispielsweise für einen Immobilienkauf oder die Ausbildung des Nachwuchses. Ein großer Vorteil: Man kann die Raten jederzeit stoppen oder Teilbeträge entnehmen, wenn man mal nicht flüssig ist.

Mit ihrer Flexibilität sowie ihrer Transparenz und den geringen Kosten punkten ETF-Sparpläne auch in der Studie des Instituts für Vermögensaufbau. Sie schneiden sogar besser ab als konventionelle Altersvorsorgeprodukte. Doch es gibt auch Wermutstropfen: Eine Kapitalgarantie fehlt bei den ETF-Sparplänen. Dies kann, so die Macher der Studie, jedoch aufgefangen werden - und zwar über eine angemessene Aufteilung der Sparrate auf risikoreichere und risikoarme ETFs. Auch dass börsengehandelte Indexfonds ohne Riester-Förderungen auskommen müssen, falle nicht so schwer ins Gewicht, so die Experten. Die hohe Flexibilität und die niedrigeren Kosten heben den vermeintlichen Nachteil auf.

Es reicht aber nicht aus, sich für einen Sparplan zu entscheiden und den Vertrag dann einfach nur über die Jahre laufen zu lassen. Die Sparstrategie sollte regelmäßig kritisch hinterfragt werden. "Anleger, die ihre Altersvorsorge selber mit ETFs gestalten, müssen eine gewisse Eigenverantwortung mitbringen", sagt Beck. "Sie müssen entscheiden, wie hoch sie Aktien und Anleihen gewichten." Je nach verbleibender Anlagedauer sollte die Zusammenstellung angepasst werden. Hier bietet die neue Studie des IVA Orientierungshilfe. Die Wissenschaftler empfehlen zwei Teilportfolios, eines mit risiko- und chancenreicheren Aktien-ETFs sowie eines mit risikoärmeren Renten-ETFs (siehe Grafik). Je nach Spardauer und Verlustannahme kann für das Aktienportfolio ein Anteil zwischen 21 und 67 Prozent gewählt werden.

Beim Aktienportfolio raten die Experten zu einer ausgewogenen Mischung von entwickelten Aktienmärkten (MSCI World) und Schwellenländern (MSCI Emerging Markets). ETFs auf den MSCI World haben alle Emittenten im Angebot, auf den MSCI Emerging Markets gibt es Papiere von Credit Suisse, DB X-Trackers, ETFLab, Ishares und Lyxor. Hinzu kommen zahlreiche ETFs auf Unterindizes des MSCI Emerging Markets sowie auf einzelne Schwellenländer. "Wir empfehlen, die Anlage möglichst breit zu diversifizieren und nicht nur auf einen einzelnen Markt zu setzen", sagt Beck. "Anleger sollten zudem das Währungsrisiko im Auge behalten." Wer lediglich auf ETFs aus dem Euro-Raum setze, schalte das Risiko aus. "Wer aber beispielsweise auf die Entwicklung der Börsen in den Emerging Markets setzen möchte, kommt an Fremdwährungen nicht vorbei."

Das Rentenportfolio umfasst zu gleichen Teilen Euro-Staatsanleihen (EuroMTS AAA Government), die als risikoärmstes Anleihesegment angesehen werden können, und etwas renditestärkere Unternehmensanleihen (IBoxx EUR Liquid Corporates). Ein Papier auf den EuroMTS AAA Government gibt es von Lyxor. Auf vergleichbare Indizes bieten aber auch andere Emittenten ETFs an. Den IBoxx EUR Liquid Corporates bilden Produkte von Ishares, Lyxor, DB X-Trackers und ETFLab ab.

Lyxor-Chef Meyer zu Drewer ist vom Nutzen der kostengünstigen Indexfonds für die private Altersvorsorge überzeugt: "Bei der privaten Altersvorsorge spielen ETFs ihre Kostenvorteile voll aus. Bei dem langen Anlagehorizont kommen die niedrigeren Gebühren besonders stark zum Tragen und zahlen sich für den Sparer unterm Strich durch Zusatzerträge von vielen tausend Euro aus." Direktbanken verlangten allerdings noch bis vor einigen Wochen saftige Gebühren für ETF-Sparpläne. Noch im Juli berechnete beispielsweise die Comdirect pauschal 2,50 Euro plus 0,4 Prozent volumenabhängige Gebühr. Das machte besonders kleine Sparraten unattraktiv. Die Rendite schmolz empfindlich. Auch die Konkurrenz ließ sich das monatliche Sparen teuer bezahlen.

Doch mit den hohen Gebühren ist jetzt Schluss, unter den Direktbanken ist ein wahrer Preiskampf ausgebrochen:
Den Anfang machte im Sommer die ING-Diba, die nur noch 1,75 Prozent je Ausführung verlangt. Zum August senkte die Comdirect die Gebühr auf 1,5 Prozent pro Order. Im September folgte eine Initiative der DAB Bank. Der Onlinebroker bietet für mindestens fünf Jahre 59 ETFs der Deutsche-Bank-Tochter DB X-Trackers in der Sparplanvariante gebührenfrei an. Die DB-X-Trackers-Produkte gibt es inzwischen auch bei Maxblue kostenlos - ebenfalls eine Tochter der Deutschen Bank. Auch Consors hat mittlerweile den pauschalen Anteil berechnet nun zwei Prozent der Sparrate, ohne Pauschale.

Weiterhin teuer sind die ETF-Sparpläne bei der DAB Bank und bei Maxblue, wenn Anleger sich nicht für die Indexfonds von DB X-Trackers entscheiden. Denn für Anbieter wie Ishares und Lyxor gilt bei der DAB Bank weiter das alte Preismodell von 2,50 Euro plus 0,25 Prozent des Transaktionsvolumens. Noch ein bisschen mehr darf es bei Maxblue sein. Hier zahlen Sparer 2,50 Euro plus 0,4 Prozent der Rate. Experten empfehlen daher, die Sparraten zu erhöhen und gleichzeitig die Sparintervalle zu vergrößern. Wer quartalsweise oder halbjährlich höhere Beträge anspart, zahlt unterm Strich weniger Gebühren. Und das erhöht die Rendite.

Quelle: Handelsblatt

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