Montag, 8. November 2010

Umstrittene Nachhaltigkeit

Ein munteres Kommen und Gehen gab es auch in diesem Jahr bei der alljährlichen Neuzusammensetzung des Nachhaltigkeitsindex Dow Jones Sustainability World Index (DJSI World). 48 Unternehmen wurden in den bekanntesten nachhaltigen Index neu aufgenommen, an dem sich viele Großinvestoren orientieren.

Insgesamt wurden 46 Titel daraus entfernt. Unter anderem sind die deutschen Firmen Daimler und Lufthansa fortan nicht mehr im DJSI World enthalten. Weitere prominente Ausschlüsse sind der einstige Nachhaltigkeitsprimus der Autobranche, die japanische Toyota, und der Mineralölkonzern Shell. Das Skandalunternehmen BP war von den Initiatoren des 1999 von der auf Nachhaltigkeit spezialisierte Vermögensverwaltung SAM Sustainable Asset Management aus Zürich und dem US-amerikanischen Indexanbieter Dow Jones DJSI World in einem Sonderverfahren am 1. Juni entfernt worden.

Für den Index in Frage kommen die Nachhaltigkeitsbesten aus 19 verschiedenen Sektoren wie etwa Autoindustrie, Banken, Chemie, Technologie aus dem Dow Jones Industrial Average Index. Die jedes Jahr im September aktualisierte Titelauswahl erfolgt nach dem so genannten best-in-class-Ansatz (per Opens external link in new windowMausklick gelangen Sie zu einem ECOreporter.de-Beitrag, der diesen Ansatz genauer unter die Lupe nimmt). Konkret bedeutet dies, dass für den DJSI World aus den 2.500 Unternehmen des “Dow Jones Global Index” die zehn Prozent der Unternehmen einer Branche ermittelt und aufgenommen werden, die ökonomische, ökologische, ethische und soziale Kriterien am besten erfüllen. Analysiert werden dafür Leistungen in Bereichen wie Corporate Governance, Klimaschutz, Zulieferstandards und Arbeitsbedingungen. Die Orientierung am Dow Jones Global Index führt dazu, dass nur internationale Konzerne mit hoher Marktkapitalisierung für den Index in Frage kommen. Das führt dazu, dass viele vorbildliche Unternehmen außen vor bleiben. So zählt dazu mit der neu aufgenommenen Vestas nur ein Windturbinenbauer, die spanische Gamesa musste ihren Platz im Index räumen. Dafür sind Titel im DJSI enthalten sind, deren Auswahl umstritten ist. Auch die aktuelle Auswahl bietet Kritikern Ansatzpunkte.

So zählen zu den 21 Unternehmen, die unter den 318 für den Nachhaltigkeitsindex ausgewählten die deutsche Wirtschaft vertreten, mit RWE und E.on Energiekonzerne, die zu den größten Emittenten von Treibhausgasen in Europa zählen. Ebenso enthalten ist die Deutsche Bank, alles andere als ein Pionier der Nachhaltigkeit und eine Art Gegenmodell zu alternativen Banken wie die GLS Bank oder die UmweltBank. BMW wurde als nachhaltigkeitsbester Wert der Automobilbranche weltweit ausgewählt, auch Volkswagen ist im DJSI World enthalten. Der Frankfurter Flughafenbetreiber Fraport zählt ebenfalls dazu, ferner die Chemiekonzerne BASF und Bayer, allesamt stehen sie unter der kritischen Beobachtung von Umweltschützern. Doch auch Beispiel von Unternehmen, die von Nachhaltigkeitsexperten als Vorbild eingeschätzt werden, gehören zum aktuellen DJSI World: etwa Henkel aus Düsseldorf mit seiner großen Palette umweltschonender Produkte, der Bonnern Telekommunikationskonzern Telekom, der stark in Energieeffizienz investiert hat, und die stark im Klimaschutz engagierte Munich Re, ehemals Münchener Rück. Die übrigen deutschen Positionen im Index sind: Allianz, Deutsche Börse, Deutsche Post, Hochtief, Metro, Puma, SAP, Siemens, Tui. Kein deutsches Unternehmen wurde neu in den Index aufgenommen.

Weitere kritische Titel im DJSI World sind etwa die koreanische Samsung, die unter anderem von Greenpeace für den Einsatz schädlicher Chemikalien gerügt wurde (wir Opens external link in new windowberichteten), und Nestle aus der Schweiz. Nestle hat schon manchen Antipreis für das Konzernverhalten erhalten und wurde in diesem Frühjahr von der US-Gesundheitsbehörde Food and Drug Administration (FDA) mit dem Vorwurf abgemahnt, die Tochtergesellschaft habe irreführende Angaben über die Inhaltsstoffe von Babynahrung gemacht (wir Opens external link in new windowberichteten ebenfalls). Neben Nestle präsentieren auch Pepsi und Coca-Cola im DJSI World den Nahrungsmittelsektor als nachhaltigkeitsbeste Unternehmen.

Quelle: Ecoreporter

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen